Der Niedergang der Medienvielfalt in den Regionen ist einer der Gründe für die Krise der amerikanischen Demokratie. In den USA gibt es praktisch keine regionalen Zeitungen oder Online-Portale und faktisch keinen Lokaljournalismus mehr. Die Menschen wissen nicht, was vor Ort passiert. Dieses Informationsvakuum nutzen Populisten und Propagandisten aus, die auf Sendern wie Fox News und in Social-Media-Filterblasen ihre Lügen und Verschwörungstheorien verbreiten. Dass ein egomanischer Antidemokrat wie Donald Trump Präsident werden konnte, hat auch damit zu tun. Denn ohne Medienvielfalt in allen Regionen eines Landes ist die vierte Staatsgewalt faktisch kastriert.
Damit dieser amerikanische Albtraum nicht zu uns überschwappt und auch unsere Demokratie beschädigt, müssen wir der Medienvielfalt Sorge tragen. Für ein viersprachiges, föderalistisches und direktdemokratisches Land wie die Schweiz gilt dies umso mehr. Darum habe ich mich im Nationalrat seit über einem Jahr für ein tragfähiges Massnahmenpaket zugunsten der Medien eingesetzt. Es brauchte unzählige Kommissionssitzungen, eine Rückweisung der Vorlage an die Kommission durch den Nationalrat, drei Differenzbereinigungen zwischen den Räten und eine Einigungskonferenz, bis wir nach vielen Verbesserungen und Kompromissen am Ziel waren. Am letzten Freitag beschlossen National- und Ständerat mit recht komfortablen Mehrheiten das wichtige Medienpaket.
Wichtig ist es, weil die Medienvielfalt und der Journalismus auch bei uns leiden. Redaktionen werden zusammengestrichen, Zeitungen werden dünner und immer mehr Titel kämpfen ums Überleben. Der Hauptgrund sind die wegfallenden Werbeeinnahmen, mit denen man bisher den Journalismus finanzieren konnte. In rund zehn Jahren haben sich die Werbeeinnahmen der Schweizer Medien mehr als halbiert!
Dieser Rückgang liegt nicht etwa daran, dass heute weniger Werbung geschaltet würde. Im Gegenteil. Die Werbegelder fliessen reichlich, einfach zu einem wachsenden Teil nach Kalifornien zu den Tech-Giganten wie Google und Facebook. Das Kuchenstück für die Schweizer Verlage wird hingegen immer kleiner. Die gefährliche Folge dieses Strukturwandels ist Medienkonzentration beim Inhalt, aber auch bei den Besitzverhältnissen. Inhaltlicher Einheitsbrei ist für unsere Demokratie ebenso schädlich wie die Dominanz von wenigen Medienkonzernen. Beides schreitet leider auch in der Schweiz voran. Natürlich: In Nischen entstehen auch neue, Mut machende Online-Projekte. Doch der generelle Trend ist insgesamt klar negativ.
Darum hat das Parlament mit dem Massnahmenpaket zugunsten der Medien gehandelt. Damit greifen wir als Gemeinschaft den verbleibenden Zeitungen und Zeitschriften finanziell etwas stärker unter die Arme, wir fördern neu die zukunftsgerichteten Online-Medien und wir stützen das gesamte System durch Ausbildung, Agenturwesen und Projektförderung im IT-Bereich. Das ist dringend nötig, wenn wir wollen, dass die Bevölkerung auch in Zukunft unabhängige Zeitungen und Online-Portale hat, die über ihre Region, ihre Gemeinde, ihre Stadt berichten – und zwar auf Deutsch, en français, in italiano ed eir in rumantsch!
Dieser Text ist am 23. Juni 2021 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.