Als Schweizer Sozialdemokrat werde ich ab und zu dafür belächelt, dass unser Parteiprogramm die Überwindung des Finanzkapitalismus als Vision postuliert. Es entbehrte darum nicht einer gewissen Ironie, als der Bundesrat am 19. März feststellen musste, dass der globale Finanzkapitalismus die Schweizer Traditionsbank Credit Suisse überwunden hatte. Dabei war spätestens seit der Finanzkrise und der UBS-Rettung 2009 eigentlich allen klar, dass unkontrollierter Finanzkapitalismus nur Gier und Verantwortungslosigkeit fördert. Genau diese Gier und diese Verantwortungslosigkeit der Paradeplatz-Manager haben in den letzten Jahren und Monaten die zweitgrösste Schweizer Bank pulverisiert. Darum reden heute nur noch hartgesottene Ideologen der Freiheit der Finanzmärkte das Wort.
Denn die Nationalbank – also wir alle – und der Bund – also auch wir alle – mussten mit Garantien im Umfang von unglaublichen 259 Milliarden Franken einspringen, um eine Finanzkrise zu verhindern – 109 Milliarden kamen direkt aus der Bundeskasse. Dass trotzdem tausende Arbeitsplätze in Gefahr sind, zeigt wie krank das System und wie schlecht das vom Bundesrat geschnürte Rettungspaket – also die Zwangsfusion der CS mit der UBS – für uns Bürgerinnen und Bürger ist.
Karin Keller-Sutter und der Bundesrat handelten keinerlei Sicherheiten für den Standort Schweiz und keinerlei Sicherheiten für die Arbeitsplätze aus. Sie holten keine Gewinnbeteiligung der Öffentlichkeit für den Erfolgsfall heraus. Und sie legten der neuen Mega-UBS trotz Anwendung von Notrecht keine strengeren Regeln bei Boni oder Eigenkapital auf. Der Bund trägt für die 109 Milliarden Franken das volle Risiko, kann aber im Erfolgsfall keinen Rappen Gewinn erzielen. Der bleibt vollumfänglich bei der UBS. Ein schlimmeres Beispiel für das unsägliche Prinzip «Gewinne privat, Kosten dem Staat» kann man sich kaum vorstellen.
Zu Recht hat der Nationalrat diesen grottenschlechten Deal an der ausserordentlichen Session zur CS im April abgelehnt. Und an der Sondersession letzte Woche hat der Nationalrat endlich zwei SP-Motionen angenommen, die bei systemrelevanten Banken Boni einschränken und Eigenkapitalvorschriften verschärfen wollen. Zumindest für den Moment scheint sich die grosse Kammer im Bern etwas vom Paradeplatz emanzipiert zu haben.
Das ist auch dringend nötig. Denn die UBS, die sowieso schon viel zu gross war, ist jetzt noch viel grösser. «Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht», hat die NZZ sehr treffend geschrieben. Dieses Monster muss sofort gezähmt werden. Darum braucht es ein Bonus-Verbot für die Teppichetagen der systemrelevanten Banken. Nur so kann die absurde Logik durchbrochen werden, wonach die Gierigsten für die Besten gehalten werden. Das Monster muss aber auch schnell eingehegt werden. Darum braucht es rasch eine deutlich höhere Eigenkapitalquote und auch eine zünftige Abgeltung der faktischen Staatsgarantie für die Öffentlichkeit. Nur so kann sich die Schweiz ein wenig aus der Geiselhaft der Monster-UBS befreien und das Prinzip «Gewinne privat, Kosten dem Staat» überwinden. Denn damit muss nach zwei notrechtlichen Bankenrettungen definitiv Schluss sein!
Dieser Text ist am 10. Mai 2023 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.