Letzte Woche hat die Vereinigte Bundesversammlung zwei neue Mitglieder des Bundesrates gewählt. Besonders die Wahl der Jurassierin Elisabeth Baume-Schneider versetzte den Berner Polit- und Medienbetrieb in Aufregung und strafte manchen Auguren Lügen. In der medialen Aufregung um die vermeintliche Niederlage der Städte ging fast unter, dass erstmals der Kanton Jura im Bundesrat vertreten ist. Wie schon Andrea Masüger in dieser Zeitung (als einer der wenigen Kommentatoren!) treffend schrieb, darf die staatspolitische Bedeutung dieses Entscheids nicht unterschätzt werden.
Auf dem Bundesplatz wehten nach der Wahl jurassische und Berner Flaggen nebeneinander, die Menschen aus beiden Kantonen feierten – und zwar gemeinsam! Wer die äusserst schwierige, auch von Gewalt gezeichnete Ablösungsgeschichte des Juras vom Kanton Bern kennt, freut sich über diese versöhnliche Wahl. Wieder einmal stellen die Schweizer Institutionen ihre Integrationskraft unter Beweis. Ebenso erfreulich ist die Wahl der zehnten Schweizer Bundesrätin. Für ein Land wie die Schweiz, das gleichstellungspolitisch im Rückstand liegt und deshalb 2019 über eine halbe Million Menschen auf die Strassen trieb, wäre das Fehlen einer linken Frau in der Landesregierung schlicht unhaltbar.
Im Schatten der Bundesratswahlen haben die Räte letzte Woche auch ein ausgeglichenes Budget für das Jahr 2023 verabschiedet. Doch der Finanzplan zeigt, dass schon bald schwierige Verteilungskämpfe ausbrechen könnten. Hauptgrund dafür ist die überhastete und sachlich unkluge Erhöhung der Armeeausgaben.
Als Wladimir Putin im Februar seinen verbrecherischen Angriff gegen die Ukraine befahl, zertrümmerte er nicht nur das Völkerrecht und die europäische Sicherheitsarchitektur. Er setzte auch eine regelrechte Aufrüstungsspirale in Europa in Gang. Alle Staaten überschätzten Russlands militärisch Stärke. Statt wie geplant – und von Vielen vorausgesagt – überrollte Russland die Ukraine nicht in einer Woche. Im Gegenteil: Putins Regime erleidet seit fast zehn Monaten eine militärische Niederlage nach der anderen. Natürlich kämpfen die Ukrainerinnen und Ukrainer heldenhaft. Ihnen hilft aber auch, dass Russlands Waffensysteme denen des Westens klar unterlegen sind. Das erstaunt nicht, wenn man bedenkt, dass die USA zehn Mal mehr und Europa doppelt so viel für die Armee ausgeben als Russland. Dass auch die neutrale Schweiz, die ohnehin keine Waffen liefern darf, ebenfalls massiv aufrüsten soll, ergibt weder sicherheitspolitisch noch finanziell Sinn. Zumal unser Land schon heute eine überdimensionierte Armee hat. Geradezu absurd wird die von den Bürgerlichen durchgedrückte Aufstockung des Militärbudgets, wenn man sich vor Augen führt, dass das VBS noch gar nicht weiss, was es mit dem vom Parlament beschlossenen Geld beschaffen soll.
Stattdessen wissen wir alle, was die Priorität für eine sichere und souveräne Schweiz wäre: Investitionen in erneuerbare Energien, in Energieeffizienz und in den ökologischen Umbau unseres Landes. Nur so leisten wir einen Beitrag gegen die grösste Bedrohung – die Klimakrise – und machen uns von den Diktatoren dieser Welt unabhängig. Es bleibt zu hoffen, dass der neu zusammengesetzte Bundesrat die Prioritäten wieder richtig setzt.
Dieser Text ist am 14. Dezember 2022 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.