Nach spannender Debatte hat der Basler Parteitag am 29. und 30. Oktober mit 293 zu 84 Stimmen bei 20 Enthaltungen das von unserer Arbeitsgruppe erarbeitete Europapapier verabschiedet. Als SP ergreifen wir damit klar Partei für eine europäische Schweiz in einem sozialen und demokratischen Europa. Mit einer Strategie aus drei Schritten.
Schritt 1: Die Verhandlung eines befristeten Stabilisierungsabkommens mit der EU, das die Schweizer Teilnahme an verschiedenen EU-Programmen in den Bereichen Forschung, Bildung oder Kultur regelt (Horizon, Erasmus etc.). Im Gegenzug verpflichtet sich die Schweiz ihren Kohäsionsbeitrag zu erhöhen und die Verhandlungen über die Regeln zur Teilnahme am EU-Binnenmarkt wieder aufzunehmen. Ein solches Abkommen sollte bis Ende 2023 vorliegen. Dass diese SP-Idee kein Hirngespinst ist, haben wir im Parlament bewiesen. Am 13. Juni hat der Nationalrat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Im Anschluss haben dann alle grossen Fraktionen des EU-Parlaments diese Idee in einem Brief an die EU-Kommission explizit unterstützt. Der Ball liegt nun beim Ständerat.
Schritt 2: Die Verhandlung eines Wirtschaftsabkommens, das die institutionellen Marktzugangsfragen im Sinne einer Assoziierung regelt. Optimal wäre der Abschluss eines solchen Abkommens bis 2027, was im Sinne einer Garantie gegenüber der EU so auch im Stabilisierungsabkommen zu vereinbaren ist. Für die innenpolitische Abstützung und Legitimation dieses Assoziierungsprozesses sollen dessen Rahmenbedingungen in einem Europagesetz geregelt werden. Einer entsprechenden parlamentarischen Initiative aus der SP-Küche hat der Nationalrat schon im März zugestimmt. Auch diesbezüglich ist nun der Ständerat am Zug.
Schritt 3: Auf Basis eines dannzumal geregelten Verhältnisses mit der EU will die SP über den Beitritt der Schweiz verhandeln. Unser Land soll dort mitgestalten, wo die Politik in und für Europa im 21. Jahrhundert entschieden wird. Denn echte Souveränität gibt es heute nur mit europäischer Mitbestimmung. Zudem würde die Schweiz von einer in vielen Bereichen progressiven EU-Politik profitieren. Bei der Gleichstellung, beim Konsument:innenschutz oder bei den Klimazielen ist die EU deutlich weiter als die Schweiz. Klar ist aber auch, dass ein EU-Beitritt insbesondere in den Bereichen Lohnschutz, Service Public und direkte Demokratie gut ausgehandelt und flankiert werden muss.
Natürlich ist die EU bei weitem nicht perfekt. Sie braucht – wie die Schweiz! – soziale und demokratische Reformen. Diese wollen wir zusammen mit unseren Genoss:innen und Freund:innen in ganz Europa anpacken. Für Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Zusammenhalt auf unserem Kontinent.
Dieser Text ist in der Ausgabe 203 im November 2022 der Mitgliederzeitung der SP Schweiz LINKS erschienen.