Bildquelle: suedostschweiz.ch

Der «Beobachter» publizierte vor gut drei Jahren eine grosse Reportage der Bündner Journalistin Stefanie Hablützel mit dem Titel: «PCB. Das Gift, das man vergessen möchte». Angestossen vom grossen Schadensfall am Bergbach Spöl im Herbst 2016 arbeitete Hablützel detailliert auf, wie gross die Probleme mit der Industriechemikalie PCB in der Schweiz wirklich sind. Tatsächlich ist das Gift überall. Gemäss einer Studie der ETH waren 2019 schweizweit noch rund 200 Tonnen davon verbaut. PCB steckt in Kraftwerksanlagen, aber auch auf Dächern, Gebäudehüllen und in der Farbe von Stallwänden. Letzteres ist wegen der Nähe zu den Tieren und damit zur Lebensmittelproduktion besonders problematisch. Denn PCB ist eine der giftigsten Chemikalien überhaupt. Es gilt gemäss Weltgesundheitsorganisation als krebserregend, greift das Hormonsystem an und kann in der Natur nicht abgebaut werden. Entsprechend ist der Stoff seit dem Inkrafttreten der «Stockholm-Konvention» 2004 weltweit verboten. Die Schweiz verbot den Stoff bereits 1986.

Doch unser Land tut sich schwer mit der Bereinigung dieser Altlast. Gemäss «Stockholm-Konvention» müsste das PCB bis 2028 «eliminiert» sein. Davon sind wir noch weit entfernt. Exemplarisch dafür ist der Streit um die Sanierung des Spöl im Schweizerischen Nationalpark. Während die Verantwortlichen des Nationalparks völlig zu Recht auf einer umfassenden Sanierung beharren, hat die Engadiner Kraftwerke AG die Verhandlungen im Dezember 2020 platzen lassen. Man habe sich über den «Sanierungsumfang» nicht einigen können. Im Klartext: Die EKW AG will keine vollumfängliche Sanierung finanzieren und setzt auf die Verzögerung des gerichtlichen Wegs. Oder darauf, dass der Kanton die Nerven verliert und die Sanierung mit Steuermitteln bezahlt. Das ist skandalös. Denn als Betreiberin der Staumauer ist sie für die Kontaminationsquelle verantwortlich. Da muss sie auch für den Schaden geradestehen. So einfach ist das. Umso wichtiger ist, dass die Bevölkerung und die Gemeinden des Unterengadins den Verantwortlichen des Nationalparks den Rücken stärken und die EKW AG zur Raison bringen.  

Auch die Politik in Bern und Chur muss vorwärts machen. Die Umweltbehörden von Bund und Kanton müssen wissen, dass vorauseilender Gehorsam gegenüber den mächtigen Kraftwerksgesellschaften nicht goutiert wird. Im Gegenteil. Die Bevölkerung erwartet, dass das PCB-Problem gelöst statt verschlampt wird. Am Spöl aber auch sonst überall – in allen betroffenen Flüssen, in allen betroffenen Siedlungen und in allen betroffenen Landwirtschaftsbetrieben. Darum braucht es einen Plan und mehr Engagement des Bundes – sowie nötigenfalls neue gesetzliche Vorgaben. Dafür setzte ich mich im Nationalrat ein. Diese Woche mit Fragen und Interpellationen an den Bundesrat. Und in Zukunft – wenn es nötig sein sollte – auch mit stärkeren parlamentarischen Mitteln. Denn die Politik darf das Gift PCB nicht vergessen. Sie muss es eliminieren.

Dieser Text ist am 17. März 2021 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.

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