Die Krankenkassenprämien explodieren, die Mieten steigen, Energie und Lebensmittel werden teurer. Die Kaufkraft der Bevölkerung bricht weg, weil Löhne und Renten mit der genannten Entwicklung nicht mithalten. In der Altersvorsorge kommt das Problem hinzu, dass die Pensionskassenrenten seit Jahren sinken. Fünfzehn Prozent der heutigen Rentenbeziehenden leben in einem Haushalt mit höchstens 10’000 Franken finanzieller Reserve und rund 300’000 sind armutsgefährdet. Für zu viele reicht die Rente nicht mehr. Und auch viele heutige und künftige Rentner:innen der Mittelschicht blicken finanziell in eine schwierige Zukunft. Kein Wunder ist die 13. AHV-Rente eine sehr populäre Forderung!

Über die entsprechende Volksinitiative der Gewerkschaften stimmen wir am 3. März ab. Eine 13. Monatsrente bringt zusätzlich 1’225 bis 2’450 Franken für Einzelpersonen und bis zu 3’675 Franken für Ehepaare pro Jahr. Ein angemessener Ausgleich für den erwähnten Kaufkraftverlust.

Die Gegner:innen führen zwei Argumente gegen diese Volksinitiative ins Feld. Zum einen sagen sie, es würden auch Menschen profitieren, die es nicht nötig hätten. Dabei ist die viel kritisierte Giesskanne gerade das Wesen der AHV. Alle bekommen nach der Pensionierung AHV, auch Reiche und Superreiche. Aber niemand bekommt mehr als die Maximalrente von 2’450 Franken. Hingegen kennt die Finanzierung über die Lohnprozente keinen Deckel. Darum ist die AHV die einzige Säule der Altersvorsorge, von der die Reichen genau nicht profitieren. Die acht Prozent der Bevölkerung, die am meisten verdienen, zahlen über ein Arbeitsleben statistisch mehr ein, als sie bis zum Lebensende ausbezahlt bekommen. Die übrigen 92 Prozent erhalten mehr, als sie einzahlen. Ob es nun zwölf oder dreizehn Monatsrenten gibt, ändert nichts an diesem fantastischen Kosten-Nutzen-Verhältnis für die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung.

Das zweite Gegenargument lautet, wir könnten uns eine zusätzliche Monatsrente nicht leisten. Auch dieses sticht nicht. Im Moment nimmt die AHV deutlich mehr ein, als sie ausgibt. Die Reserve zum Jahreswechsel betrug rund 50 Milliarden Franken. Bis 2030 kann man die 13. Rente wohl ohne Zusatzfinanzierung decken. Und danach würde eine moderate Erhöhung der Lohnprozente ausreichen, um die 13. Rente zu finanzieren. Über 90 Prozent der Bevölkerung würden unter dem Strich immer noch mehr Rente bekommen, als sie einbezahlt hätten. Der 13. AHV-Rente können wir also trotz Panikmache der AHV-Schlechtredner mit gutem Gewissen zustimmen.

Am gleichen Tag stimmen wir auch über die Renteninitiative der Jungfreisinnigen ab, die das Rentenalter in einem ersten Schritt auf 66 Jahre erhöhen und es anschliessend an die durchschnittliche Lebenserwartung koppeln will. Das Anliegen ist aus mindestens drei Gründen abgehoben und unsozial.

Erstens: Ein höheres Rentenalter trifft real nur die tiefen und mittleren Einkommen. Wer es sich leisten kann, lässt sich in den meisten Fällen so oder so früher pensionieren. Wenn das Rentenalter steigt, müssen also Detailhandelsangestellte oder Pflegefachpersonen noch länger arbeiten, während Investmentbankerinnen oder Professoren weiterhin in Frühpension gehen können. Das ist doppelt ungerecht, weil die Lebenserwartung von Menschen mit tiefen Einkommen geringer ist. Die Initiative trifft also diejenigen am stärksten, die härter arbeiten, tendenziell bei schlechterer Gesundheit sind und ohnehin weniger lang Rente beziehen können.

Zweitens: Ein Jahr vor dem aktuell geltenden Rentenalter arbeitet nur noch die Hälfte der Menschen. Sehr viele unfreiwillig. Auf dem Arbeitsmarkt sind die Perspektiven für ältere Arbeitnehmende schlecht, weil zu wenige Arbeitgeber ihnen eine Chance geben. Eine Erhöhung des Rentenalters würde diese entwürdigende Situation noch verschärfen.

Drittens: Ein höheres Rentenalter bedeutet, länger zu arbeiten und weniger lang Rente zu beziehen – faktisch also eine weitere Rentenkürzung. Dabei bräuchten viele Rentenbeziehenden wie erwähnt endlich einen Ausgleich für die höheren Kosten und die Ausfälle bei der ersten Säule.

Die Initianten argumentieren, dass wir die Erhöhung des Rentenalters brauchen, um die Finanzierung der AHV zu sichern. Die Alterung der Gesellschaft würde uns gewissermassen dazu zwingen. Denn bei der AHV-Gründung sei das Verhältnis zwischen den Aktiven und den Rentenbeziehenden noch 6:1 gewesen, während es heute bei 3:1 und schon bald bei 2:1 liege. Doch diese Aussage stimmt nicht. In der Gründerzeit der AHV gab es nie sechs Aktive, die eine Person in Rente finanzierten. Denn in den 50er-Jahren gab es nur ganz wenige Frauen, die für Lohn arbeiteten. In der damaligen patriarchalen Gesellschaft mussten die meisten Frauen zuhause bleiben, weshalb praktisch nur die Männer die AHV finanzierten durften. Das ist heute zum Glück anders. Die grosse Mehrheit der Frauen ist berufstätig und finanziert die AHV mit. Das kompensiert die steigende Anzahl der Rentenbeziehenden zu einem erheblichen Teil.

Fazit: Die Bevölkerung sollte sich nicht von der Panikmache der AHV-Schlechtredner beeinflussen lassen. Eine 13. AHV-Rente ist angezeigt, sicher nicht ein höheres Rentenalter!

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