Am kommenden Montag behandelt der Nationalrat die sogenannte Halbierungsinitiative. Sie will die Radio- und Fernsehabgabe auf 200 Franken senken. Das tönt harmlos und gut fürs Portemonnaie. In Wahrheit ist es ein Frontalangriff auf die SRG und die Schweizer Medienvielfalt. Und damit auf das, was unser Land zusammenhält: eine gemeinsame Öffentlichkeit, getragen von unabhängiger, hochwertiger Information, Kultur und Unterhaltung – in vier Sprachen.
Dieser Angriff kommt gezielt. In ganz Europa sind öffentlich-rechtliche Medien à la SRG in Bedrängnis. Die AfD, Orban, Italiens Postfaschisten und Trump-inspirierte Populisten wollen sie schwächen oder zerschlagen. Weil unabhängiger Journalismus ihnen ein Dorn im Auge ist. Auch die 200-Franken-Initiative ist Teil dieser Angriffe. Es geht nicht um Entlastung. Es geht um Macht über Information.
Wer die Initiative verharmlost, spielt mit dem Feuer. Bei einer Annahme würde der SRG die Hälfte des Budgets fehlen. Die Folgen: Rückzug aus den Regionen. Abbau von über 2’400 Stellen. Kahlschlag bei Kultur, Sport, Film, Musik. Und ein massiver Verlust an publizistischer Präsenz, auch in Graubünden.
Die SRG ist nicht perfekt. Aber sie ist einzigartig und notwendig. Niemand sonst berichtet so breit, tief und mehrsprachig über unser Land. Serien wie «Davos 1917», Nachrichten wie «Echo der Zeit», «Telesguard» oder «Il Quotidiano», Live-Wintersport aus St. Moritz oder Arosa – das gäbe es so nicht mehr.
Nicht nur Rechtspopulisten bekämpfen den Service public, auch Teile der Verlegerwelt. Sie suchen den Feind am falschen Ort: Nicht die SRG ist schuld an der Medienkrise. Schuld sind Google, Facebook, TikTok. Sie ziehen Milliarden aus unserem Werbemarkt – und geben nichts an die Schweiz zurück. Gegen sie müssten sich die Verleger verbünden, nicht gegen die SRG.
Denn wer die SRG schwächt, schwächt das ganze Mediensystem. Die Erfahrung zeigt – derzeit besonders drastisch in den USA: Wenn öffentlich-rechtliche Medien zusammenbrechen, sinken Niveau des und Interesse am Journalismus. Dann übernehmen Algorithmen und instrumentalisierte Emotionen. Und Wahrheit wird zur Ware.
Ein gewisser Abbau beim Service public lässt sich leider kaum verhindern. Aufgrund von Bundesratsbeschlüssen spart die SRG bis 2029 fast 270 Millionen Franken – rund 17 Prozent ihres Budgets. Das wird schmerzhaft. Aber es ist weniger verheerend als der Kahlschlag der Volksinitiative.
Langfristig braucht es eine nachhaltige Finanzierung. Deshalb schlage ich vor, den Service public künftig über einen unabhängigen Fonds zu finanzieren – gespeist aus einem kleinen, festen Anteil der Mehrwertsteuer. Das entlastet die Haushalte und sichert stabile Mittel für unabhängigen Journalismus. Auch private Medienhäuser könnten daraus unterstützt werden.
Der Nationalrat stimmt am Montag über die Halbierungsinitiative ab. Er kann ein Zeichen setzen für Medienvielfalt, Demokratie und eine starke SRG. Entschieden wird aber in einer Volksabstimmung, voraussichtlich nächstes Jahr. Dann müssen wir uns fragen, ob uns eine kleine Einsparung mehr wert ist als unsere eigene mediale Stimme als Land. Oder ob wir uns bald vielleicht nur noch aus dem Silicon Valley, von Putins Hackern, dem Parteiapparat in Peking und anderen ausländischen Quellen «informieren» lassen wollen.
Dieser Text ist am 28. Mai 2025 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.