Screenshot, Der Spiegel 4/2025 18.01.2025

Donald Trump hat letzte Woche der Welt – und damit auch der Schweiz – den Wirtschaftskrieg erklärt. Dabei geht es ihm nicht primär um das Wohl der amerikanischen Wirtschaft, zumal diese unter den inflationstreibenden Zöllen schwer leiden wird. Der Börsenabsturz lässt grüssen. Es geht dem Herrscher im Weissen Haus um autoritäre Machtausübung. Mit seinen willkürlichen Zöllen versucht er, die Handelspartner und die amerikanischen Wirtschaftsakteure zu unterwerfen. Nur wer massive Konzessionen macht und ihm bedingungslose Loyalität garantiert, darf auf etwas Milde hoffen. Das nennt er dann «Deal». Wer sich nicht beugt, soll hingegen bluten. Trumps handelspolitischer Amoklauf zielt darauf ab, Gehorsam zu belohnen und Widerstand zu bestrafen.

Diese Methode der wirtschaftspolitischen Erpressung ist nicht neu. Die Mafia wendet sie mit den Schutzgeldern seit jeher an. Und auch Diktatoren haben Zölle immer wieder als Machtinstrument missbraucht. Zum Beispiel erzwang Benito Mussolini damit die Loyalität der italienischen Industriellen. Zuerst erhöhte er die Zölle für alle, um dann denjenigen Entlastung zu gewähren, die das faschistische Regime stützten.

Nach dem Leugnen der Wahlniederlage von 2020, den Begnadigungen der Putschisten vom 6. Januar, den ständigen Angriffen auf den Rechtsstaat und den willkürlichen Säuberungen in der Staatsverwaltung zeigt nun auch die Handelspolitik, wes Geistes Kind der amerikanische Präsident ist. Wer Donald Trump weiterhin nur als exzentrischen «Dealmaker» sieht, statt seine aggressiven Absichten zu durchschauen, geht ihm auf den Leim und missachtet damit die Interessen und Werte der Schweiz.

Die von der SVP und der FDP verfolgte Strategie der Anbiederung an Trump ist krachend gescheitert. Dass die Bundespräsidentin als einzige europäische Spitzenpolitikerin die Anti-Europa-Hetzrede von Vizepräsident JD Vance in München als «liberal» und «schweizerisch» lobte, bleibt als Peinlichkeit in Erinnerung. Genauso wie die grotesken Aussagen von SVP-Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher, die Trump als Segen für die Wirtschaft und grossen Freund der Schweiz bezeichnete.

Es ist höchste Zeit für einen Strategiewechsel, denn die Lage ist sehr ernst. Das Zeitalter der Grossmachtpolitik ist leider zurück. Damit sich die Schweiz als demokratischer Kleinstaat behaupten kann, braucht es eine prinzipienfeste politische Führung. Genauso wie man sich der Mafia nicht beugt, dürfen wir uns auch nicht vor Trump in den Staub werfen. Wir brauchen keine Anbiederung, wir brauchen Verbündete.

Wenn imperiale Mächte wie Russland, China und die USA die Welt durch Krieg, aggressive Aussenpolitik oder wirtschaftliche Erpressung in Einflusszonen aufteilen wollen, kann die Schweiz nicht länger «zwischen den Blöcken navigieren», wie es die Bundespräsidentin ausdrückte. Unsere Sicherheit und unser Wohlstand können nur im europäischen Verbund gesichert werden. Nur zusammen mit der Europäischen Union und anderen demokratischen Staaten wie dem Vereinigten Königreich und Kanada können wir unsere Souveränität in dieser gefährlichen Welt behaupten. Der erste Schritt dazu ist ein rasches Ja zum Vertragspaket mit der Europäischen Union.

Dieser Text ist am 9. April 2025 als Kolumne in der Südostschweiz erschienen.

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